„Wir haben eine solide Basis, müssen aber die Kostenentwicklung im Auge behalten“
Dass eine regionale Rotkreuz-Kreisversammlung bisweilen auch die weltpolitische Lage tangieren kann, unterstrich am vergangenen Montagabend in klaren Worten Norbert Södler, Präsident des DRK-Landesverbandes Hessen, in der Reichenberghalle in Reichelsheim. „Für uns als Rotkreuzler ist es wichtig, dass wir unseren Grundsatz der Neutralität beachten. Wir sollten nicht an Demonstrationen teilnehmen, egal ob für Palästina oder für Israel. Aber man kann über Dinge sprechen, die klar sind. Nach dem humanitären Völkerrecht ist die Abriegelung des Gaza-Streifens mit der Folge, dass der Zivilbevölkerung der Zugang zu Nahrung, Medikamenten und Trinkwasser verwehrt ist, ein Verstoß gegen dieses. Das ist ganz klar. Die andere Seite: Wenn die Hamas militärische Einrichtungen in Häusern unterbringt, wo sich Zivilisten aufhalten, dann sind diese Gebäude ein militärisches Ziel, das von Israel bekämpft werden darf.“
In der Diskussion um diese grausamen Vorgänge appellierte Södler, dass man auf Ausgewogenheit achten möge und sagte: „Nach wie vor sind wir natürlich für das Russische Rote Kreuz und den Palästinensischen Roten Halbmond tätig. Wir sind eine neutrale weltumspannende Bewegung.“
Jeder Zehnte im DRK
Stolz auf die Mitgliederzahl im DRK-Kreisverband Odenwaldkreis ist dessen Präsident Georg Kaciala, der darüber informierte, dass rund 8000 Menschen im Odenwaldkreis dem Wohlfahrtsverband angehören. „Das ist fast jeder zehnte, wenn man von einer Einwohnerschaft von zirka 90.000 Bürgerinnen und Bürgern ausgeht. Unsere Akzeptanz ist sehr hoch, aber wir müssen stets Werbung für die gute Sache im Zeichen der Menschlichkeit machen.“
Als Vertreter des Odenwaldkreises lobte Michael Vetter die jüngsten Leistungen des Roten Kreuzes in den Impf- und Testzentren sowie den Aufbau der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete im Jahr 2015. „Das habt ihr in wenigen Tagen unter Beteiligung des Katastrophenschutzes aus dem Nichts heraus hinbekommen“, merkte er an.
„Es läuft rund hier im Odenwaldkreis.“
Anerkennung und Wertschätzung der Rotkreuzler im Haupt- und Ehrenamt vermittelte Kreisbrandinspektor Horst Friedrich in seinen Grußworten und erwähnte explizit die gute und kompetente Zusammenarbeit des DRK mit den Freiwilligen Feuerwehren im Kreisgebiet. „Egal ob bei der täglichen Gefahrenabwehr, im Rettungsdienst, in den Ortsverbänden und bei den Einheiten des Katastrophenschutzes. Es läuft rund hier im Odenwaldkreis. Immer wieder wird es neue Herausforderungen geben.“
Die wesentlichen Ereignisse des vergangenen Jahres referierte Präsident Georg Kaciala in seinem Bericht und verwies auf die Einschränkungen durch Corona, die umsichtigen Planungen in der Art des Umgangs mit der Pandemie und bedankte sich besonders bei den Mitarbeitern des Rettungsdienstes, die die Notfallrettung und den Krankentransport durch ihr Engagement und ihre Motivation aufrecht erhalten konnten. „Haupt- und Ehrenamt haben rund 100.000 Testungen in der Bevölkerung durchgeführt und somit einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsfürsorge geleistet. Wenn es gilt, halten wir zusammen.“ Dies merke man auch in der verbandseigenen Ukrainehilfe, wo man den Geflüchteten und Migranten diverse Hilfestellungen in der Bewältigung des Alltags in unserem Land gebe.
FSJ: „Kürzt uns nicht weg!“
Natürlich schmerze der Rückgang bei den Absolventen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), doch sei dieser auch aus demografischen Gründen in anderen Organisationen zu verzeichnen. Gegen die von der Bundesregierung geplanten Streichungen finanzieller Mittel bei allen Freiwilligendiensten protestierten die Rotkreuzler mit einem Transparent, das die Aufforderung „Kürzt uns nicht weg!“ verkündete. Besonders betonte Kaciala die Selbsthilfegruppen im Verband, die mittlerweile 19 Angebote aufweisen.
Für das Herzenswunschmobil, das dem Tode nahestehende Menschen zu Zielen ihrer Wünsche bringt, wurden 27.000 Euro an Spendengelder eingenommen.
Kreisbereitschaftsleiter Frank Ziergiebel zeigte in seinem Tätigkeitsbericht auf, wie wichtig das Ehrenamt sei und benannte viele Beispiele von Einsätzen der freiwillig Tätigen im vergangenen Jahr. Hierbei verwies er speziell auf die Leistungen des DRK-Betreuungszuges während der Flut im Ahrtal.
Lucie Myska, Leiterin der Wasserwacht im Roten Kreuz, vermeldete, dass momentan rund 20 Aktive an Bord seien und die Nachfrage nach Schwimmkursen und dem Erwerb des Rettungsschwimmers wieder an Fahrt aufgenommen habe.
Die 97 ehrenamtlichen Voraushelfer im Odenwaldkreis, die bei Notfällen in den Ortschaften alarmiert werden und sich bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes um die Patienten kümmern, mussten 2022 58 Einsätze verzeichnen.
Gefahr des Fachkräftemangels
Zu den Tätigkeiten des laufenden Jahres verbunden mit einem Ausblick auf 2024 informierte Vorstand Frank Sauer, der die ehrenamtlichen Sanitätsdienste besonders hervorhob und die bereits angelaufene Nachwuchsförderung in den Schulen des Odenwaldkreises ansprach. Auch verwies er auf die Gefahren des allgemein bestehenden Fachkräftemangels. Besonders im Patientenfahrdienst suche man dringend mehr Personal. Zudem wolle man im kommenden Jahr aktiv neue Mitglieder werben.
Mit 81 anwesenden Delegierten war die Versammlung beschlussfähig, entlastete den Vorstand einstimmig und erteilte auch dem Finanzplan für 2024 ohne Vorbehalte seine Zustimmung.
Finanziell, so Schatzmeister Helmut Nowak, stehe der Verband solide da, doch müsse man die Kostenentwicklung im Auge behalten.
Ehrungen
Für 20 Jahre Mitgliedschaft in der ehrenamtlichen Verstärkungsgruppe des Rettungsdienstes wurde der Notfallsanitäter Stefan Beller mit der Auszeichnungsspange des DRK-Kreisverbandes geehrt. Daniel Rabes, Leiter des Jugendrotkreuzes, erhielt die Ehrenplakette aufgrund seiner zehnjährigen Mitgliedschaft in dieser Nachwuchssparte. Über die Auszeichnungsspange für 30 Jahre Tätigkeit im DRK darf sich dessen Justiziarin Christa Weyrauch freuen. Auf 60 Jahre Mitgliedschaft blickt Präsident Georg Kaciala zurück. Hierfür wurde auch ihm die Auszeichnungsspange der Organisation von seiner Stellvertreterin Diana Zimmermann und Präsidiumsmitglied Peter Erk verliehen.