DRK-Selbsthilfe zeigte Dokumentarfilm über die Krankheit Depression
Im Anschluss diskutierten Experten zum Thema
„Expedition Depression“ heißt das Roadmovie, das der Psychiater und Filmemacher Axel Schmidt aus Bonn mit fünf jungen Betroffenen gedreht hat und vom DRK-Selbsthilfezentrum am vergangenen Mittwoch, dem 30.10.2024, in Fränkisch-Crumbach in der Rodensteinhalle gezeigt wurde. Zu Beginn informierte Georg Kaciala, Präsident des Roten Kreuzes im Odenwaldkreis, darüber, dass mittlerweile fünf Millionen Menschen in Deutschland an dieser Erkrankung leiden. Die Tendenz sei zunehmend.
Die 90 Minuten dauernde Dokumentation zeigt die jungen Leute beim Bergwandern und Unternehmungen, mit denen sie ihrer Diagnose entgegentreten. Dramaturgisch geschickt gemacht, berührt dieser Film jedoch nur die Oberfläche jener Erkrankung, die nicht wenige Todesopfer durch Selbstmord fordert und weist lediglich andeutungsweise auf die Gefahren einer schweren Depression hin.
Depressionen ernst nehmen
Dies haben dann in dem von der HR-Moderatorin Britta Wiegand geleiteten Podiumsgespräch Experten übernommen. So warnte der Neurologe Dr. Stefan Ries vom Neuro-Zentrum in Erbach davor, eine manifeste Depression zu psychologisieren oder mit gut gemeinten Tipps wie körperlicher Bewegung oder positivem Denken zu kaschieren. „Wer tief in diesem dunklen Loch hängt, schafft es ohne Hilfe nicht heraus. Da braucht es Psychopharmaka, oft in Begleitung einer Psychotherapie. Lediglich mit Johanniskrauttee wird das nichts.“ Oftmals seien genetische Faktoren der Auslöser. Gynäkologen diagnostizierten manchmal bei ihren Patientinnen in den Wechseljahren hormonelle Ursachen der Niedergeschlagenheit, obwohl eine Depression die Ursache sei.
Die häufig notwendige Einnahme von Psychopharmaka unterstrich auch Gersom Axt, Psychiater und Oberarzt am Zentrum für Seelische Gesundheit (ZSG) der Kreisstadt. „Die Leute schlucken viele Medikamente ohne jegliche Bedenken. Aber wenn sie sich vor den psychiatrischen verschließen, können wir oftmals auch nur begrenzt helfen.“
Vorteil Odenwald: Man kennt sich!
Susanne Strombach, Vorsitzende der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Hessen, zeigte auf, dass man auf einen Therapieplatz mitunter sehr lange warten müsse und dass man die Angehörigen unbedingt mit ins Boot holen solle, denn diese litten mit. „Wenn wir uns untereinander noch besser vernetzen, kann man diesen langen Wartezeiten besser begegnen als in den oft anonymen städtischen Zentren. Hier im Odenwald kennt man sich. Das kann ein großer Vorteil für kurze Wege sein“, merkte Stefan Ries an.
Die wichtige Rolle der Selbsthilfegruppen
Friedel Weyrauch, Leiterin des DRK-Selbsthilfezentrums Odenwaldkreis, sowie Ursula Steiger, Diplom-Sozialpädagogin beim Diakonischen Werk im Odenwald und Claudia Ray, Diplom-Sozialpädagogin beim Selbsthilfebüro Odenwald, verwiesen auf die Relevanz der regionalen Selbsthilfegruppen, da diese eine erste Anlaufstelle seien und damit akutes Leid auffingen. „Wenn andere Institutionen keine Kapazitäten haben, sind wir da“, erläuterte Friedel Weyrauch vom Roten Kreuz ihre Motivation.
Burnout vs. Depression
„Gibt es einen Unterschied zwischen Burnout und Depression?“, wollte Moderatorin Britta Wiegand wissen. Stefan Ries: „Der Begriff klingt nicht so stigmatisierend. Aber dahinter verbirgt sich eine Depression und diese ist eine schwere und ernstzunehmende Krankheit“, wiederholte der Neurologe.
„Wenn du die Pobacken richtig zusammenkneifst, wird das schon wieder“, zitierte Gersom Axt einen weitverbreiteten Ratschlag. „Leider ist dies nicht so. Da müssen unbedingt fachlich versierte Mediziner hinzugezogen werden.“ Der Facharzt forderte zudem mehr Aufklärung über das Krankheitsbild.
Stefan Ries: „Viele Diabetiker brauchen Insulin, viele Depressive brauchen Psychopharmaka.“ Der Weg daran vorbei könne fatal enden. Mit der Feststellung: „Eine Depression ist erzwungener Stillstand. Sie kann jeden treffen, aber behandelt werden“, schloss Filmemacher Axel Schmitt die Expertenrunde. Die Veranstaltung wurde gefördert von der AOK Hessen.
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) leidet jeder siebte weltweit an dieser Erkrankung. „Man geht davon aus, dass rund die Hälfte der Menschen, die einen Suizid begehen, an einer Depression gelitten haben. Im Jahre 2010 verübten in Deutschland rund 7000 Menschen mit Depression Selbstmord. Bei der Depression handelt es sich daher um eine sehr ernste Störung, die umfassender Therapie bedarf“, zitiert Wikipedia und belegt dies durch viele Quellenangaben.
DRK-Selbsthilfeangebote
Menschen, die von Depression betroffen sind, finden Hilfestellung bei den DRK-Selbsthilfegruppen. Es gibt Gruppenangebote im Selbsthilfezentrum des DRK Odenwaldkreis e. V. in Erbach als auch im Gemeindezentrum Brensbach. Interessierte können jederzeit ohne weitere Vorbedingungen oder Anmeldung hinzukommen. Selbstverständlich kann auch ein Vorgespräch vereinbart werden, um die Angst vorm Einstieg zu erleichtern.
Weitere Infos und eine persönliche Kontaktmöglichkeit finden Sie auf der Homepage der DRK-Selbsthilfegruppen: Menschen mit Angst und Depression
Kontakt
Friedel Weyrauch
Leiterin des DRK-Selbsthilfezentrums
Tel. 06062 607601 oder 0162 2578112
E-Mail: selbsthilfe@drk-odenwaldkreis.de
Netzwerk
- Deutsche Depressionsliga
- Zentrum für seelische Gesundheit beim Gesundheitszentrum Odenwaldkreis
- Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle des Diakonischen Werks Odenwald